Mein Kind macht mich wahnsinnig. - Kita kinderzimmer Hamburg

Mein Kind macht mich wahnsinnig. Was tun?

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Du bist gut so, wie du bist!

Text: Sabine Cole

Manchmal, gar nicht so selten, bringen uns Kinder an den Rand der Verzweiflung. Sie toben, wenn sie still sein sollten. Sie wollen auf den Arm, wenn man schon kaum die Einkaufstüten tragen kann. Sie machen jeden Abend dasselbe Theater. Und sie machen das alles nicht absichtlich – nicht, um uns zu nerven, nicht, um Grenzen zu testen, und nicht, weil sie falsch erzogen worden wären. Sie machen das, weil sie sich nicht anders ausdrücken können. Und das ist gut so. Denn sie sind ja noch Kinder. Und das versuchen wir jetzt einfach mal zu verstehen. Denn wir Eltern wissen:

Mein Kind macht mich wahnsinnig. Kita kinderzimmer weiß: Das ist gut so.

Du bist gut so, wie Du bist! Wenn Du Dich vor gekochtem Gemüse ekelst, dann akzeptiere ich das. Deine Zunge, Dein Geschmackssinn haben noch wenig Erfahrung. Wenn Du das matschige Gefühl auf der Zunge nicht magst, dann respektiere ich das. Ich werde versuchen rauszufinden, was genau Du eklig findest. Ist es die Pelle der Tomate? Ist es das Cremig-Schmierige beim Kürbis? Oder einfach nur die Farbe? Dann werde ich versuchen, eine Lösung mit Dir zu finden. Vielleicht isst Du das Gemüse erst mal roh? Oder ich püriere alles? Wenn ich keine Lösung mit Gemüse finde, dann gibt es vielleicht eine ohne.

Du bist gut so, wie Du bist! Du willst unbedingt in diese dicke Pfütze hopsen. Du nimmst schon Anlauf, so sehr freust Du Dich auf den Sprung, weil Du weißt, es spritzt so herrlich. Ich verbiete Dir reinzuhüpfen, weil wir keine Wechselsachen dabeihaben, es kalt ist und wir gleich noch mit der S-Bahn fahren müssen. Du wirst stinke-wütend. Du bist noch zu klein, um mich zu verstehen. Du bist noch zu klein, um Deinen Plan zu ändern. Du kannst allein einfach nicht die Kurve kriegen. Deswegen schlägst Du um Dich, kriegst eine knallrote Birne und hörst mich nicht mehr. Ich weiß, dass das nichts mit mir zu tun hat. Ich verstehe Deine Wut, aber ich kann Dich trotzdem nicht in die Pfütze lassen. Ich nehme Dich auf den Arm und trage Dich ein Stück weiter. Ich tröste Dich und biete Dir vielleicht ein alternatives Vergnügen an. In der S-Bahn darfst Du auf meinem Schoß stehen und aus dem Fenster gucken. Das darfst Du sonst nie!

Du bist gut so, wie Du bist! Du nörgelst beim Einkaufen und versuchst, Dich die ganze Zeit aus dem Einkaufswagen zu winden. Wir haben nicht viel Zeit, und ich kann Dich nicht laufen lassen. Du krakeelst. Und jammerst und brüllst, und alle gucken. Und ich hab Dich trotzdem lieb. Denn ich weiß, dass Du das nicht machst, um mir den Tag noch stressiger zu gestalten. Du machst das, weil Du selbst müde bist. Du warst acht Stunden im Kindergarten. Länger als ich bei der Arbeit. Was für eine Leistung! Viel lieber würdest Du jetzt auf dem Sofa mit mir kuscheln und ein Hörspiel hören. Das würde ich auch lieber, aber ich muss noch fürs Abendessen ein-kaufen. Ich erkläre Dir, dass ich weiß, was Du jetzt leis-test. Und dass ich mich beeile und nur das Nötigste kaufe. Und dass Du eine arme müde Maus bist, und ich halte Deine Hand. Mit der anderen Hand kann ich auch den Wagen schieben. Die Leute können uns völlig egal sein, die wissen ja nicht, was wir beide heute schon hinter uns haben. Dann verspreche ich Dir, dass Du gleich an der Kasse bezahlen darfst. Nicht, weil Du brav sein sollst, sondern einfach nur so. Weil ich verstehe, dass man müde einfach nicht einkaufen sollte. Und es trotzdem manchmal muss.

Du krakelst. Und jammerst und brüllst, und alle gucken.

Du bist gut so, wie Du bist. Du willst nicht Zähne putzen. Du presst die Lippen aufeinander wie eine Schraub-zwinge. Ich will Dich aber fertig machen und ins Bett bringen, der Babysitter wartet, und ich habe heute Abend Theaterkarten mit Mama. Ich gucke auf die Uhr und frage Dich: Ist das okay, wenn Du mit Lisa Zähne putzt? Dann können wir die restlichen zehn Minuten lie-ber noch was Schönes machen. Wir nehmen zwei dicke Kissen, klemmen Dich dazwischen und spielen, dass Du ein Brötchen bist, und ich bin ein Riese und will reinbeißen. Dann gehen Mama und ich. Ist das okay? Auch wenn Du dann vielleicht kurz weinen musst? Lisa hält das aus, die kennt Dich ja schon fast so lange wie wir.

Du bist gut so, wie Du bist! Du hast Deine kleine Schwester geschubst, weil sie Deinen Lieblingsball wegnehmen wollte. Wir fragen die Kleine, warum sie das gemacht hat. Vielleicht wollte sie mit Dir spielen? Und Du? Hast Du Lust dazu? Was wolltest Du gerade mit dem Ball machen? Wie wäre es, wenn wir ein bisschen gemeinsam spielen, und Lisa ist Schiedsrichter? Ich verstehe, dass Du keine Lust hast, immer der vernünftige große Bruder zu sein. Du bist zwar schon älter, aber trotzdem noch ein kleiner Junge. Du hast Deine Schwester geschubst, weil Dir das manchmal alles zu viel wird mit der frechen Nudel. Ich helfe Dir, damit klarzukommen, dass da im-mer jemand ist, mit dem Du Dich arrangieren musst.

Du bist gut so, wie Du bist. Du bist eine Mutter und manchmal müde und wirst wütend, weil Du Dinge nicht in dem Tempo erledigen kannst, von dem Du glaubst, es sei das wichtige und richtige.

Du bist gut so, wie Du bist. Du bist ein Papa, der erst mal Anschwung braucht, wenn er am Wochenende Zeit mit seinen Kindern verbringen will, aber den Kopf noch voll von der Woche hat. Ihr seid gut so, wie Ihr seid, weil Ihr Euch wertschätzt in dem Versuch, die bestmöglichen Eltern zu sein. Ihr verzeiht Euch, wenn Ihr Fehler macht, und versucht, es beim nächsten Mal besser hinzukriegen. Ihr lasst Eure Kinder nicht allein, wenn sie wütend, traurig oder wild sind. Ihr müsst nicht konsequent sein, um Eure Stärke zu beweisen. Ihr seid sowieso die Stärksten! Ihr versucht, Eure Kinder zu verstehen. Ihr müsst keine Regeln durchsetzen, um gute Eltern zu sein. Ihr versucht nur, klar zu sein und klärend. Ihr respektiert die Grenzen Eurer Kinder. Und Ihr versucht, den Kindern auch Eure Grenzen zu vermitteln. Ihr seid liebevoll und wisst, dass Eure Kinder Euch bedingungslos lieben. Und dass sie mit Euch kooperieren wollen. Und wenn ihnen das mal nicht gelingt, dann versucht Ihr rauszufinden, warum. Denn Ihr seid alle gut so, wie Ihr seid.