Was basteln wir heute? - Kita kinderzimmer Hamburg

Was basteln wir heute?

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Text: Christian Heinrich | Foto: Benne Ochs

Ein Stück Papier durchschneiden mit einer Schere oder einfach zerreißen? Für Ihr Kind ist das ein beglückendes Erlebnis: endlich eine Möglichkeit, etwas dauerhaft zu verändern, bleibende Spuren zu hinterlassen! Nicht nur deshalb ist es sinnvoll, Kinder unter Aufsicht schon früh mit Werkzeug hantieren zu lassen – auch wenn es dabei manchmal zu kleinen Unfällen kommen kann.

Schere, Messer, Werkzeug … ist auch was für kleine Kinder!

Staunend und stolz sitzt der kleine Hannes vor dem, was er gerade gemeinsam mit der Erzieherin geschaffen hat. Staunend, denn eigentlich waren da eben noch nur ein paar farbige Seiten Papier – und jetzt steht da, dank Schere, Klebstoff und Stiften, eine fertige Laterne mit außen aufgeklebten Sternen und Monden. Stolz ist Hannes, weil er – mit ein bisschen Hilfe – das selbst gemacht hat. Als hätte er gezaubert.

Alles, womit man werken kann, hat auf Kinder eine fast magische Anziehungskraft. Kein Wunder, können sie damit doch gleich mehrere ebenso wertvolle wie beglückende Erfahrungen machen. Ich kann nicht schneiden mit meinen Händen – aber mit der Schere erlange ich diese Fähigkeit. Ich kann nicht kleben – aber mit dem Klebestift besitze ich plötzlich diese Möglichkeit. Das erweitert nicht nur ihre Möglichkeiten enorm. Wer Werkzeug gezielt einsetzt, also um etwas Bestimmtes zu schaffen, der kann einen Schöpfungsprozess nicht nur beobachten, sondern selbst anstoßen und ausführen.

Schnipp, schnapp … immerhin kreativer Umgang mit der Materie.

Wir Erwachsenen empfinden Glück, wenn wir etwas Neues erschaffen – sei es ein leckeres Risotto oder einen Text wie diesen hier. Es geht darum, etwas zu kreieren, etwas fertigzustellen. Bei Dreiährigen, die gerade lernen, sich allein anzuziehen, ist das Glücksgefühl, wenn sie etwas Eigenes herstellen, noch um ein Vielfaches größer. Weil sie ihre ersten Spuren hinterlassen: Schaut mal, Mama und Papa, ich habe das heute im kinderzimmer gebastelt, und jetzt schenke ich es Euch! Aber mit Werkzeugen etwas Bestimmtes zu bauen, das ist schon die fortgeschrittene Stufe der Benutzung. Für kleinere Kinder, die noch nicht gezielt eine Laterne basteln oder den Umriss eines Hauses ausschneiden können, steht das Experimentieren im Vordergrund. Alle Kinder experimentieren von Geburt an ständig – es ist ihr Weg, sich die Welt zu erschließen. Anfangs erforschen sie die Schwerkraft, indem sie ihren Schnuller auf den Boden fallen lassen. Wenn sie eine Schere in Aktion sehen, betrachten sie zunächst fasziniert, wie das Papier sich vor ihnen zerteilt. Für Ihr Kind ist das eine grundlegende, kreative Erfahrung! Womöglich versuchen manche Kinder auch, sich die Haare selbst zu schneiden. Oder zerschneiden ihre Hose. Das ist nicht schön, aber es kann passieren, es zeugt von Experimentierwillen. Der Weg hin zum Ziel, später eine eigene Laterne für den Umzug zu basteln.

Werkzeuge helfen Ihrem Kind, sich die Welt zu erschließen.

Werkzeuge erweitern die Fähigkeiten Ihres Kindes, geben ihm neue Erfahrungen und helfen, sich die Welt zu erschließen. Deshalb unterstützen wir im kinderzimmer den Einsatz von Werkzeugen schon im Kleinkindalter. Dazu gehören unter anderem Bastelschere, Klebstoff, beim Kneten auch ein Kindermesser, Prickelnadeln und Fingerfarben. Und die Spielwerkbank, wo sich Schrauben hinein und herausdrehen lassen, wo mit einem Hammer Holzklötze in passende Löcher gehämmert werden.

Natürlich birgt die Anwendung von Werkzeug auch Gefahren. Das Schneiden in die eigene Kleidung ist dabei noch harmlos. Im seltenen Extremfall kann es passieren, dass ein Kind sich mit einem anderen streitet und ihm auf die Hand hämmert. Im kinderzimmer spielt die Sicherheit eine zentrale Rolle. Wir achten bei unseren Werkzeugen darauf, dass sie kindersicher sind, selbst wenn sie „falsch“ eingesetzt werden. Unsere Scheren etwa haben gar nicht die Schneidekraft, um in eine Hose hineinzuschneiden. Und sie sind abgerundet, sodass in keiner Hand ernsthafte Verletzungen entstehen können. Außerdem wird nur unter Aufsicht gebastelt. Trotzdem werden sich manche Kollateralschäden wie Farbe in der Kleidung oder selten auch mal blaue Flecke durch ein Danebenschlagen mit dem Kinderhammer nicht vermeiden lassen. Aber das nehmen wir bewusst in Kauf.

Denn Basteln und das Verwenden von Werkzeugen wirken auch im Gehirn gleich auf mehreren Ebenen förderlich. So werden die Kreativität, die Feinmotorik und die Konzentrationsfähigkeit vorangebracht. Außerdem wird das Selbstwertgefühl der Kinder gestärkt, die Lust an Gestaltung und Experimentieren steigt, beim Basteln in der Kita stellt sich auch eine Erfahrung von Gemeinschaft ein. Für etwas ältere Kinder – ab etwa fünf Jahren – ist das Verwenden von Werkzeugen auch eine Annäherung an Kunst und Kreativität. Dabei geht es nicht nur um das eigene kreative Ausleben, indem die Kinder selbst als kleine Künstler in Erscheinung treten. Auch schon die Begegnung mit dem, was die anderen Kinder da so malen, basteln und zimmern, regt die eigene Gestaltungsfreude an. Es hat daher Sinn, ein Kunstwerk gemeinsam mit Ihrem Kind zu betrachten und zu besprechen. Warum hast Du mit der Schere Zacken ins Papier geschnitten? Was bedeutet der Holzklotz auf dem Brett, und wieso sind hier Wollfäden aufs Papier geklebt? Das steigert nicht nur die Wertschätzung für Kunsthandwerk, es schult auch die Wahrnehmungs und Differenzierungsfähigkeit der Kinder sowie das Erlernen von Sprache. Und, vielleicht das Wichtigste: Sie erhalten ein Grundverständnis dafür, dass das, was Kunst ist und als künstlerisch wertvoll gilt, letztlich im Auge des Betrachters liegt. Für Hannes und seine Eltern ist die Laterne nämlich die schönste auf der Welt.

Im kinderzimmer basteln schon die Kleinsten.

Seit der Recherche zu diesem Text wendet unser Autor bei seinen vierjährigen Zwillingen mehr Zeit auf, um mit ihnen zu basteln. Das Problem ist nur: Er selbst mag Basteln überhaupt nicht – und es ist keine seiner Stärken. In der Schule hat er sich im Kunstunterricht von seinem Vater oft die Bilder malen lassen und gute Noten kassiert. Auch deshalb will unser Autor, dass seine Kinder gut basteln können: Er wird ihnen in der Schule nicht helfen können …